Was ist ABA-VB?

Für einen ersten Eindruck haben wir Ihnen ein Video verlinkt.


Besser lernen mit ABA-VB.


Applied Behavior Analysis (ABA), im Deutschen am besten übersetzt mit Angewandte Verhaltensanalyse, ist eine Wissenschaft, die Lernprozesse untersucht. Mit den Erkenntnissen dieser Forschung wurden Methoden entwickelt, mit denen man durch Veränderung des Lernumfeldes und der Interaktionsweise Lernen gezielt beeinflussen kann. Dies kann man sich bei der Förderung von Menschen aus dem Autismus-Spektrum, aber auch in vielen anderen Bereichen, zu nutze machen.

Schon in den 60er Jahren begann man in den USA, insbesondere durch die Arbeiten von Dr. Ivar Lovaas (UCLA), ABA zur Förderung von Kindern aus dem Autismus-Spektrum  einzusetzen. Zahlreiche Studien zur Wirksamkeit von ABA führten dazu, dass ABA heutzutage in den USA und vielen weiteren westlichen Ländern die bevorzugte und staatlich unterstützte Fördermethode bei Menschen aus dem Autismus-Spektrum ist. Auch in Deutschland wird ABA in den letzten Jahren von immer mehr Fachleuten empfohlen und die Förderung schon von vielen Sozial- und Jugendämtern übernommen.

Da an vielen Universitäten und anderen Instituten zur angewandten Verhaltensanalyse geforscht wird, entwickelt sich diese Wissenschaft ständig weiter. Modernere Förderprogramme enthalten heutzutage Erkenntnisse einer Weiterentwicklung von ABA, die Verbal Behavior (VB) genannt wird, am besten übersetzt mit Verbales Verhalten. Dieser Ansatz basiert auf dem Buch „Verbal Behavior“ von B.F. Skinner (1957). Hier liegt ein stärkerer Schwerpunkt auf der Motivation des Kindes und der Kommunikations-förderung. Optimale Förderprogramme für Menschen aus dem Autismus-Spektrum sollten von daher kombinierte ABA/VB-Programme sein.

Schwerpunkt bei der Förderung nach ABA/VB ist das Verständnis der Gegenstände, Interaktionen und Situationen, die für das Kind motivierend wirken. Wenn man diese kennt, kann man sie gezielt nutzen, so dass das Kind Spaß bei der Förderung hat und motiviert ist, zu lernen. Die unterrichtende Person etabliert sich durch wiederholte Verbindung mit diesen motivierenden Gegenständen/Interaktionen/Situationen zu einem so genannten generalisierten Verstärker (Pairing). Ziel ist es, dass das Kind von sich aus und gerne bei der unterrichtenden Person ist und den Wunsch hat zu lernen. Dann kann man nachhaltig Verhalten verändern und Fähigkeiten beibringen.

Dabei geht das Erlernen von Fähigkeiten Hand in Hand mit dem Abbau von unangemessenen Verhaltensweisen. So erlernt z.B. das Kind, mit einer Gebärde, einer Bildkarte oder natürlich bevorzugt durch gesprochene Sprache zu kommunizieren, was es möchte, anstatt zu weinen, zerren oder gar aggressiv zu werden. Unangemessene Verhaltensweisen werden genau beobachtet und analysiert. Auf diese Weise kann man herausfinden, was für eine Funktion dieses Verhalten für das Kind in dieser Situation hat. Mit diesem Wissen kann man alternatives, angemessenes Verhalten beibringen und das unangemessene Verhalten nicht mehr zum Ziel führen lassen.

Moderne ABA/VB-Förderprogramme sind ganzheitlich und haben ein breites Spektrum von Förderzielen. Allen Zielen gemein ist die Alltagsrelevanz und Betonung von sozialer Integration, sowie der Aufbau von Fähigkeiten, die für selbstständiges, spontanes Lernen notwendig sind. Fähigkeiten u.a. aus folgenden Bereichen werden gefördert:

 

  • Kommunikation
  • Spielverhalten
  • Soziale Interaktion
  • Motorik
  • Alltagspraktische Fähigkeiten (z.B. Anziehen, Toilettentraining)
  • Exekutiv-Funktion (zielgerichtetes Verhalten, Problemlösung, Planung)
  • Theory of Mind (z. B. das Verständnis der Perspektive von anderen)
  • (vor-)schulische Fähigkeiten

Da Kinder aus dem Autismus-Spektrum anders lernen als neurotypische Kinder, ist das sehr klar strukturierte Unterrichten in kleinen Einheiten (Discrete Trials) ganz wesentlich bei ABA/VB-Programmen. Diese werden häufig wiederholt, und zwar so oft, bis das Kind sie beherrscht. Bei richtiger Antwort oder angemessenem Verhalten folgt eine Konsequenz (Belohnung). Dies führt dazu, dass die Antwort oder das Verhalten in der Zukunft häufiger auftreten werden (= verstärkt wurden), also in das Verhaltensrepertoire des Kindes übergehen. Ist dies geschehen, wird dieses Verhalten nur noch ab und zu (intermittierend) belohnt.

Hilfestellungen (Prompts) werden zunächst bei Bedarf gegeben und dann rasch systematisch ausgeblendet. Auf diese Art und Weise ist das Kind überwiegend erfolgreich und bleibt motiviert (fehlerfreies Lernen).   Komplexe Fähigkeiten (z.B. Händewaschen, die Aufmerksamkeit einer anderen Person auf angemessene Weise erlangen) werden in so kleine Einzelschritte zerlegt, das das Kind diese leicht erlernen kann.

Es ist unerlässlich, dass von vornherein darauf geachtet wird, dass der Lerneffekt über die Unterrichtssituation hinaus andauert (Generalisierung). Nur so wird das Kind von der Förderung im Alltag profitieren. Daher ist es wichtig, in der natürlichen Umgebung des Kindes zu fördern, mit vielen verschiedenen Beispielen/Modellen, in verschiedenen Situationen, an verschiedenen Orten (im Kinderzimmer, im Garten, in der Schule, auf dem Spielplatz, etc.) und mit möglichst vielen verschiedenen Personen (Eltern, Tutoren, ErzieherInnen oder LehrerInnen, etc.).

Viele Kinder aus dem Autismus-Spektrum machen durch eine intensive Förderung nach ABA/VB enorme Fortschritte. Einigen Kindern ermöglicht diese Förderung ein eigenständiges, erfülltes Leben. Auch bei Kindern, die dieses Ziel vielleicht nicht erreichen, ist es möglich, die Lebensqualität ganz nachhaltig zu verbessern.

Quelle: ABA-Praxis Mareike Overhof
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